ver-a

fotografie



Ausstellung vom 16.01.2017 bis 10.02.2017
Foyer im Kreishaus des Landkreises Oldenburg, Delmenhorster Str. 6, 27793 Wildeshausen


Ausstellung vom 27.09.2020 bis 20.12.2020
Haus Tobias, Bildungs- und Begegnungszentrum der Klinikseelsorge im Bistum Augsburg, Stenglinstr. 7, 86156 Augsburg



Der unheilbar erkrankte Journalist und Schriftsteller Tiziano Terzani beginnt angesichts seines bevorstehenden Endes, die Welt und das Leben in einem anderem Licht zu betrachten. Jürgen Warrelmann und ich unternehmen den Versuch, ausgewählte Texte aus seinem letzten Buch „Das Ende ist mein Anfang“ mit unterschiedlicher Herangehensweise (Naturfotografie versus Bildbearbeitung) in großformatige Bilder umzusetzen und auf diese Weise die inspirierende Gedankenwelt Terzanis zu erschließen.


Presseinformation

Texte nach Tiziano Terzani: Das Ende ist mein Anfang






vergänglichkeit


Was ist es, was uns am Tod so ängstigt?
Was uns vor Angst erstarren lässt, ist die Vorstellung,
dass in dem Moment alles, woran wir hängen, verschwindet.







das wahre verlangen  


Wenn du anfängst, es genauer zu betrachten - was ist dieses Verlangen dann?
Was sind diese Bedürfnisse, denen du dich nicht entziehen kannst?
 Vor allem heute, in dieser Gesellschaft, die uns dazu drängt, Bedürfnisse zu erfinden
und besonders den banalsten, den materiellen nachzugehen, denen aus dem Supermarkt. Das Verlangen nach diesen Dingen ist nutzlos, banal, lächerlich.
 Das wahre Verlangen, wenn man denn eines will, ist das Verlangen, man selbst zu sein.






tief im inneren  

„Donnerwetter, da ist ja ein roter Faden!“
Vorher bemerkst du ihn nicht, und doch ist er da.
Denn du glaubst zwar, dass all deine Entscheidungen
dem freien Willen entspringen, aber das ist völliger Unsinn!
Sie werden vielmehr von etwas bestimmt, was tief in dir drin liegt,
einer Art Instinkt; und vielleicht auch vom Karma,
wie deine indischen Freunde es nennen.
Das erklärt für sie alles, auch, was für uns unerklärlich ist. 




quo vadis


 Ich glaube, die Lösung ist, an sich selbst zu arbeiten.
 Wirst du selbst besser, machst du etwas aus dir,
 wirst du dir bewusst, wie sinnlos alles andere ist,
 dann kannst du womöglich den Grundstein für etwas Großes legen,
etwas, was ich für wesentlich halte:
 die Evolution des Menschen auf eine höhere Stufe.






nicht vor und nicht zurück  


Irgendwie hatte ich das Gefühl, mitten in der Furt zu stehen.
Zurück konnte ich nicht mehr, schließlich hatte ich den Eindruck,
einen deutlichen Schritt voran getan zu haben.
Doch ich konnte auch nicht einfach ans andere Ufer waten und sagen:
„Da bin ich, nun bin ich einer von euch!“



wandel


Lange Zeit bin ich eine unendliche Folge von Masken gewesen,
 jede einzelne wahr, jede einzelne falsch,
 denn mit der Zeit wandeln sie sich,
 und immer wieder geht eine in die nächste über.
 Das ist eine Wahrheit, die alle Weisen begriffen haben:
 Es gibt keine Beständigkeit. Nichts im Leben ist beständig, nichts.






frei  


Und das gibt mir dieses Gefühl enormer Freiheit.
Ich fühle mich leicht.
Ich spüre, dass mich nichts mehr berührt,
denn ich bin weder diese oder jene Maske,
noch dieser Körper, noch meine Erinnerungen ...
Ich bin etwas, was viel größer, viel kleiner, viel gewaltiger ist,
doch all diese einzelnen Dinge bin ich nicht.





erleuchtung

Da gibt es diese Geschichte von dem armen Mönch,
der sein Leben lang auf die Erleuchtung wartete.
 „Wenn sie wenigstens ein einziges Mal über mich kommen würde!
 Doch schon wieder ist sie über jemand anderen gekommen,
 und ausgerechnet auf der Autobahn!“






unter anderen umständen  


Es gibt Dinge, Ereignisse, Worte,
die dich streifen, ohne dir etwas zu sagen.
Später aber, in einer anderen Situation,
kann genau das gleiche Wort
womöglich dein ganzes Leben verändern.



ins unendliche


Und ich hatte plötzlich das Gefühl, dieser Marienkäfer zu sein,
 nicht ein Elefant, sondern dieser Marienkäfer!
 Ich folgte ihm mit dem Blick, er krabbelte hierhin und dorthin,
 und schließlich gelangte er ans Ende eines Grashalms,
 breitete seine kleinen, samtigen Flügel aus und - hui! - flog er davon.
 Doch nicht etwa zu einem anderen Grashalm,
 ins Unendliche!






land ohne wege  

„Die Wahrheit ist ein Land ohne Wege“ .
Wer läuft, der findet.
Keiner sagt dir: „Schau, das ist der Weg zur Wahrheit!“
Das kann nicht gehen. Auf eingefahrenen Gleisen wirst du nie etwas Neues entdecken. Wie denn auch? Genauso ist es mit der Suche.
Wer schon weiß, was er sucht, wird nie finden, was er nicht sucht …



entscheidungen  

Kommst du an eine Gabelung,
 an der ein Weg nach oben und einer nach unten führt,
 nimm den nach oben.
 Bergab zu gehen ist zwar weniger mühsam,
 aber am Ende gerätst du in eine Kuhle.
 Aufsteigen heißt hoffen.
 Auch wenn es sicher nicht immer leicht ist,
 denn die Dinge anders zu sehen, ist eine Herausforderung
 und bedarf ständiger Achtsamkeit.





der kreis des lebens  

Ein Bild, das mir bei der Loslösung von meinem Körper
fast täglich in den Sinn kommt, ist das eines Zen-Mönchs,
der sich in der Stille seiner Zelle vor ein Blatt Reispapier setzt,
den Pinsel ergreift, ihn ins Tintenfass taucht, sich sammelt
und mit äußerster Konzentration einen Kreis malt, der sich schließt.
Einen Kreis, der nicht mit dem Zirkel gezogen wird,
sondern mit der letzten Handbewegung auf dieser Erde.
Das Leben, das sich schließt.
Es ist dieser Kreis, den ich jetzt zu schließen suche.